Braunkohle-Abbau in Nordrhein-Westfalen

Rheinbraun 291 - einer der größten Bagger der Welt wühlt sich durch den Kreis Düren
Rheinbraun 291 - einer der größten Bagger der Welt wühlt sich durch den Kreis Düren

Es fällt mir nicht leicht, meine persönlichen Eindrücke von zwei Besuchen an einem Braunkohle-Tagebau wiederzugeben. Sie sind mehr als nur zwiespältig.
Zum einen ist da das Entsetzen über die Dimension der Landschaftszerstörung. Bagger von 100 Meter Höhe graben sich mehrere hundert Meter in das Erdreich, Schicht um Schicht, bis zu den Kohleflözen. Tiefe und Weite der Grube sind nur schwer zu erfassen. Die nackten Zahlen sprechen von 8 auf 10 Kilometern Fläche und bis zu 500 Metern Tiefe. Auf das Auge wirkt es, als ob die Böden an einem Ende abgebissen, durchgekaut und am anderen Ende wieder ausgespien werden. So wandert ein Loch durch das Land, frisst Wälder, Felder und Dörfer.
Die Größenverhältnisse kann man an gelegentlich im Gelände auftauchenden „normal“ großen Fahrzeugen erahnen. Reifenspuren und wenige Anlagen oder Schilder, die in menschlichen Dimensionen gemessen werden können, fallen erst auf den zweiten Blick ins Auge.
Aber gerade diese Dimensionen üben auch eine Faszination aus. Es scheint, sie gleicht der eines gefährlichen Raubtiers. Erschrecken geht Hand in Hand mit Staunen und einer Art widerwilliger Bewunderung.
Beeindruckend ist dann die schiere Größe der Bagger, selbst aus kilometerweiter Entfernung vom Rand der Grube aus gesehen. Auch die Technik erweckt Interesse.
Die Abraumhügel, dort aufgetürmt, wo die Kohle schon weg ist, sind unermesslich große wüstenartige Gebilde aus Gestein und Sand in den unterschiedlichsten Tönen zwischen Gelb, Ocker, Braun und Grau. Sie haben ihre ganz eigene Ästhetik, spielen mit Mustern, Nuancen und Wiederholungen. Für mich der Teil des Gebiets, der mich am meisten beschäftigt. Da und dort beginnt Natur sich wieder anzusiedeln, mit Gräsern, Kräutern und kleinen Bäumchen. Dabei ist immer klar, dass in wenigen Jahren oder auch nur in Wochen der Bagger wiederkommen wird, um die nächste Schicht abzutragen oder aufzufüllen.
Bei allen faszinierenden Bildern bleibt im Hinterkopf doch immer das Erschrecken über das Ausmaß der Umweltzerstörung, die auch noch im Namen einer der denkbar ineffizientesten Arten der Energieerzeugung geschieht. Die Betreiberfirma selbst schreibt auf ihren Infotafeln an den Aussichtspunkten am Tagebau Hambach, dass die Kohle nur etwa 20% der abgebauten Materialmenge beträgt! Dazu kommt, dass Braunkohle die schlechteste CO2-Bilanz aller fossilen Brennstoffe hat. Einen weiteren Aspekt nimmt man, am Tagebau stehend, nicht unmittelbar war: das weiträumige Abpumpen des Grundwassers, damit die Grube nicht vollläuft.
Heute, nach zwei Besuchen einer mir bislang unbekannten Welt, weiß ich weniger als vorher, wie ich mich stellen soll. Bei allem Grauen kann das Auge dennoch genießen – fast schäme ich mich dessen…